Gedenken an eine Schreckensnacht

Gedenken an eine Schreckensnacht
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Mahnfeier am 10. November auf dem Synagogenplatz anlässlich der Reichspogromnacht vor 81 Jahren

Am 9. November, Schicksalsdatum der Deutschen, jährt sich die Reichspogromnacht zum 81. Mal. Am Sonntag, 10. November, um 16.30 Uhr, lädt die Stadt Bamberg zur diesjährigen Gedenkveranstaltung auf dem Synagogenplatz ein. Vor dem Mahnmal werden Oberbürgermeister Andreas Starke und Arieh Rudolph, Vorsitzender der Israelitischen Kultusgemeinde, Kränze niederlegen und dazu auffordern, sich aktiv gegen antisemitische Tendenzen einzubringen. Die Gedenkfeier wird von Mitgliedern des Synagogenchors Bamberg und Schülerinnen und Schülern des Franz-Ludwig-Gymnasiums und des Eichendorff-Gymnasiums mitgestaltet.

Mahnfeier Reichspogromnach

Schaulustige verfolgen den Brand der Bamberger Synagoge am Tag nach der Reichspogromnacht.

Oberbürgermeister Andreas Starke: „Die schrecklichen Ereignisse von damals dürfen wir nicht vergessen. Eine furchtbare Erkenntnis ist aber auch: Heute, 81 Jahre später, müssen wir uns mit einem wachsenden Antisemitismus in unserem Land auseinandersetzen, der längst in der Mitte unserer Gesellschaft angekommen ist.“ Jede Straftat und Diskriminierung gegen Juden seien Attacken gegen die gesamte Gesellschaft, macht Starke deutlich, und ruft dazu auf, mit einer Teilnahme an der öffentlichen Gedenkfeier am Sonntag ein deutliches Zeichen gegen Antisemitismus und jeglichen Rassismus zu setzen.

Hintergrund

Der 9. November 1938 in Bamberg

Der Blick zurück offenbart die schrecklichen Ereignisse rund um das Gotteshaus auf dem Wilhelmsplatz. Nachdem Oberbürgermeister und Kreisleiter Lorenz Zahneisen am Abend des 9. November 1938 seine Zuhörerschaft im Zentralsaal gegen die jüdischen Mitbürger aufgeputscht hatte, wurde die Synagoge an allen Eingängen mit der Parole „Juden raus!“ beschmiert. Noch vor 1 Uhr drangen Männer gewaltsam in die Synagoge ein und legten an mehreren Stellen Feuer. Das Mobiliar wurde nach draußen geschafft und auf einem Haufen vor dem Gebäude in Brand gesetzt. Augenzeugen berichteten von ersten Plünderungen, Silber und andere Wertgegenstände wurden entwendet. Gegen 1 Uhr löste ein Anrufer Alarm bei der Feuerwehr aus. Die Feuerwehrmänner, die mit ihrem Löschzug eintrafen, erhielten aber den Befehl, nicht zu löschen, sondern nur die Nachbaranwesen zu schützen.

Inzwischen machte in Kneipen die Nachricht vom Brand die Runde. Immer mehr Menschen eilten zum Ort des Geschehens. SA-Männer bildeten eine Kette und sperrten so den Platz um die Synagoge ab. Vom Brand erfuhr auch der stadtbekannte Fabrikant Willy Lessing, Vorstandsmitglied der jüdischen Gemeinde. Sofort machte er sich von seinem Haus in der Sophienstraße 8, der heutigen Willy-Lessing-Straße 8, auf zur Synagoge, um die Thora und andere Kultgegenstände in Sicherheit zu bringen. Kurz nach 2 Uhr traf er am Ort des Geschehens ein. Dort wurde er erkannt und in Richtung Herzog-Max- und Amalienstraße gedrängt. Mehrere Uniformierte schlugen auf ihn ein, zum Einsatz kam dabei auch eine Eisenstange. Blutüberströmt gelang es Willy Lessing, sich nach Hause zu schleppen. Doch damit war sein Leidensweg in dieser Reichspogromnacht nicht beendet. Uniformierte und Männer in Zivil drangen in sein Haus ein, um ihn erneut zu misshandeln. Zum Schluss blieb er leblos am Eingang liegen.

Bilanz des Schreckens

Die Bilanz des Schreckens in Bamberg fiel folgendermaßen aus: Willy Lessing starb an den Folgen seiner Verletzungen am 17. Januar 1938. In der Nacht des 9. November und am folgenden Vormittag wurden 168 jüdische Mitbürger verhaftet und ins Gefängnis in der Sandstraße verbracht. 81 der Verhafteten wurden ins Konzentrationslager Dachau verschleppt, wo sie wochenlang festgehalten wurden. Demoliert, geplündert und beschmiert wurden jüdische Wohnungen und Geschäfte. Ebenfalls zerstört wurde das jüdische Gemeindezentrum „Weiße Taube“ am Zinkenwörth. Die Ruine der Synagoge wurde im März 1939 gesprengt. Auf ihren Trümmern fand eine „Feierstunde“ statt. Als Höhepunkt des Zynismus musste die jüdische Gemeinde die Abrisskosten ihres von den Nationalsozialisten vernichteten Gotteshauses selbst zahlen, fällig wurden 30.000 Mark.

Bamberg war bekanntermaßen kein Einzelfall. Die SA zerstörte, teils in Uniform, teils in Zivil, über die Hälfte aller jüdischen Gotteshäuser in Deutschland und Österreich und etwa 7.500 jüdische Geschäfte.

Text: Pressestelle der Stadt Bamberg
Foto: Stadtarchiv Bamberg