Fastenpredigt blickt in Bambergs Tiefen und Untiefen

Fastenpredigt blickt in Bambergs Tiefen und Untiefen
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Bruder Michaels Resümee über Gesellschaft, Kultur und Politik in der Domstadt

Bruder Michael alias Andreas Ulich teilte auch bei der diesjährigen Fastenpredigt im Bamberger Ziegelbau ordentlich aus. Bei dem von AGIL e. V., Gasthausbrauerei Ambräusianum und Welcome Kongress Hotels Bamberg veranstalteten Event amüsierte sich das Publikum köstlich. Manch einem Bamberger Politiker blieb aber wohl das Lachen im Halse stecken. Am Ende dann waren alle, Politiker wie Bürger, aufgefordert zu handeln.

Bamberger Fastenpredigt 2017

Der Saal im Bamberger Ziegelbau ist bis auf den letzten Platz ausverkauft.

Volkstümlich und harmlos begann der Abend im restlos ausverkauften Ziegelbau am 11. März in Bamberg. Das fränkische Volksmusik-Trio FrankenDreier mit Trompete, Tuba und Akkordeon spielte lustig auf, Jost Lohmann von Agil schaute, dass alles seine Ordnung hatte, der Saal füllte sich und die Gäste ließen sich Liebolds „Leberkäsbrötla“ und das eigens gebraute Fastenstarkbier der Gasthausbrauerei Ambräusianum schmecken. Bürgermeister Christian Lange hob in seinen Eingangsworten das bessere Bier und die bessere Fastenpredigt Bambergs im Vergleich zum Nockherberg hervor. Das Starkbierfass wurde angestochen. So weit, so gut.

Bruder Michael und die Missstände in Bamberg

Dieses harmonische Bild kam spätestens dann ins Wanken, als Andreas Ulich in Verkleidung von Bruder Michael das Rednerpult in Beschlag nahm. Ob Bamberger Gesellschaft, Kultur oder Politik – Ulich ging gleich am Anfang seiner Predigt in medias res. Landrat Johannes Kalb, Kämmerer Bertram Felix, Theaterleiterin Sibylle Broll-Pape oder Michael Memmel, leitender Redakteur beim „Fränkischen Tag“, um nur einige auf die Schippe Genommene zu nennen – niemand blieb ungeschoren. Lediglich die Grünen kamen verhältnismäßig selten vor. Von belustigend bis bissig – Ulich thematisierte die Bierpolitik Kalbs genauso wie den Kittelschürzenreport des Fränkischen Tages, die Zustände am hiesigen Theater oder die Verkehrspolitik, den Bahnausbau oder die Baupolitik. Er fand Wendungen wie „Holz gegen Kohle“ hinsichtlich des geplanten Industriegebietes im Hauptsmoorwald, nannte Wang Shugangs Meeting „rote Scheißerla mit Dauerverstopfung“ und unterstellte Landrat Kalb, dass dieser die Artenvielfalt im Nationalpark Steigerwald ignoriere, da es dort zu wenig Zapfhähne gäbe. Es gab seitens des Publikums viele Lacher und Beifall, einmal aber auch Buh-Rufe, als Ulich den Franken unterstellte: „Deutschland wird nicht islamisiert, es verblödet nur. Und Franken vorneweg.“
„Wir können das, wir wollen das, wir schaffen das!“

Bruder Michael predigte unterhaltsam und kurzweilig, sarkastisch und direkt. Ulich kehrte Inneres nach außen, ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen. Und er schloss mit einer überraschenden Wende. Freute sich das Publikum während des gesamten Vortrages, dass ja die Politiker die „Bösen“ seien, dreht Ulich am Ende den Spieß unvermittelt um: „Die Fastenpredigt soll den Politikern zusetzen?“, fragte er die Zuhörerschaft. Pause. Schweigen. Spannung. „Nee! Es geht um Sie! Und deshalb meine Aufgabe an Sie: Machen Sie die nächste Fastenpredigt überflüssig!“ Er lieferte auch gleich den Schlüssel dazu, in dem er den bekannten Bibelspruch „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“ rezitierte. „Wir können das, wir wollen das, wir schaffen das!“, bekräftigte der Wahlbamberger noch einmal seine Botschaft.

Bamberger Fastenpredigt 2017

Zusammen mit mit Andreas Ulich alias Bruder Michael freuen sich die Veranstalter über einen rundum gelungenen Abend.

Auch nächstes Jahr wird wieder gepredigt

Ein erheiternder und amüsanter Abend, bei dem sich nicht nur die Politik, sondern auch jeder Bamberger an die eigene Nase fassen konnte und musste, nahm sein Ende. Für Ulich war diese vierte Predigt auch seine letzte. Aber Ambros Michael Mahr, kurz Ambros genannt, vom Ambräusianum hat schon einen Nachfolger gefunden. Wer es ist, verrät der sympathische Brauereibetreiber nicht, aber Bambergs Bürger dürfen gespannt sein. Laut Ambros kennt man den zukünftigen Prediger gut, aber niemand würde darauf kommen.

Zumindest wird die Reihe fortgesetzt, denn es glaubt wohl niemand wirklich, dass die Einwohner der Stadt so viele Missstände in einem Jahr beseitigen können, sodass die Predigt hinfällig würde. Das wäre ohnehin schade, auch deshalb, weil die Fastenpredigt noch einen anderen Aspekt bedient. Die Erlöse kommen einem guten Zweck zugute. Dieses Jahr erhält der Hilfsfond „Gemeinsam helfen für Bamberg“ die Spendensumme.