Eine erläuternde Inschrift ordnet die beiden vorherigen Tafeln in ihre zeitlichen Zusammenhänge ein
Seit dem 8. Mai 2025 ergänzt eine neue erklärende Tafel die beiden bestehenden Gedenktafeln an der Unteren Brücke in Bamberg – einem zentralen Ort des städtischen Erinnerns an die Opfer des Zweiten Weltkriegs und der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft.
Seit Jahrzehnten finden hier jährlich am 8. Mai, dem Tag der Befreiung vom Nationalsozialismus, die offiziellen Gedenkveranstaltungen der Stadt Bamberg statt.
Mit der nun angebrachten ergänzenden Tafel wird die historische Entwicklung der Gedenkzeichen an diesem Ort eingeordnet und kritisch erläutert. Die neue Tafel zieht bereits große Aufmerksamkeit auf sich – sie sensibilisiert für die Entstehungsgeschichte der bestehenden Gedenktafeln und fördert eine differenzierte Auseinandersetzung mit den Formen und Veränderungen öffentlicher Erinnerung.
Die erste Gedenktafel rechts neben der Tür im Untergeschoss an der nördlichen Stirnseite des Alten Rathauses erinnert seit 1957 an die Gefallenen und Vermissten des Zweiten Weltkriegs sowie an die Opfer der Luftangriffe auf Bamberg. Geschaffen wurde sie vom renommierten fränkischen Bildhauer Hans Leitherer, der in Bamberg über Jahrzehnte hinweg wirkte. Entstanden nur zwölf Jahre nach Kriegsende, acht Jahre nach Gründung der Bundesrepublik und zwei Jahre nach Rückkehr der letzten Kriegsgefangenen aus der Sowjetunion, reflektiert sie den zeittypischen Blick auf das Leid der deutschen Bevölkerung – ohne jedoch die Ursachen und Täterrolle des NS-Regimes zu benennen.
Unvollständiges Gedenken
Bereits in den 1970er Jahren begann in Bamberg eine kritische Auseinandersetzung mit dieser Form der Erinnerung. Die Einsicht, dass das Gedenken an Opfer nicht vollständig sein kann, wenn es die Verfolgten und Ermordeten des NS-Regimes ausklammert, führte in den 1980er Jahren zu einem breiten zivilgesellschaftlichen Engagement. Auf Initiative der SPD und getragen von einem breiten Bündnis aus 15 Gruppen und zahlreichen Einzelpersonen entstand die Initiative „Mahnmal für die Gegner und Verfolgten des NS-Regimes in Bamberg“.
1986 beschloss der Stadtrat, direkt neben der früheren Tafel eine zweite Gedenktafel anzubringen, die den Opfern der nationalsozialistischen Verfolgung gewidmet ist. Das von dem Künstler Bernd Wagenhäuser gestaltete Relief zeigt einen gefesselten Menschen hinter einem verbogenen Hakenkreuz und trägt die klare Inschrift: „Zum Gedenken an die jüdischen Mitbürger und alle, die während der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft Widerstand geleistet haben, missachtet, verfolgt und ermordet wurden.“
Mit der neuen ergänzenden Tafel wird nun der historische Zusammenhang dieser beiden Gedenkzeichen verdeutlicht. Sie sensibilisiert für den Wandel von Erinnerungskultur und trägt dazu bei, eine kritische Auseinandersetzung mit den Relikten des Nationalsozialismus im öffentlichen Raum weiterzuführen.
Den Wandel wahrnehmen
„Die beiden bestehenden Tafeln spiegeln exemplarisch die Entwicklung der gesellschaftlichen Gedenkkultur in Deutschland – von einem einseitigen Heldengedenken hin zu einem umfassenderen, selbstkritischen Erinnern. Die nun hinzugekommene Tafel lädt ein, diesen Wandel bewusst wahrzunehmen und weiterzuführen“, erklärt Kulturreferentin Ulrike Siebenhaar. Der Impuls für die Erklärtafel stammt von den „Omas gegen rechts“.
„Die kritische Stadtgesellschaft in Bamberg diskutiert das Thema der Erinnerungskultur regelmäßig“, so Siebenhaar. Auch künftig werde es entscheidend sein, Orte des Gedenkens nicht nur zu bewahren, sondern sie in ihren historischen Entstehungszusammenhängen verständlich zu machen – als Grundlage für Verantwortung und Wachsamkeit in der Gegenwart.
Bildunterschrift: Die neue Erklärtafel an der Unteren Brücke.