„Bamberg on tour“ zu den Ereignissen in Bamberg am Ende des Zweiten Weltkriegs
Wie war es um die Schöne an der Regnitz bestellt, als der Zweite Weltkrieg in Europa zu Ende ging? Hat die Heilige Kunigunde wirklich ihren Mantel über die Stadt gehalten, um sie vor Zerstörungen zu bewahren, wie es eine Legende erzählt? Nach der „Bamberg on tour“ mit Horst Gehringer, Leiter des Stadtarchivs, waren die Radlerinnen und Radler um die Erkenntnis reicher: Bamberg ist in den letzten Kriegsmonaten empfindlich getroffen worden und das Ausmaß der Zerstörungen war immens, wenn auch nicht vergleichbar mit dem Bild, das zum Beispiel die Nachbarn Würzburg und Nürnberg zum Kriegsende boten.
Bürgermeister Jonas Glüsenkamp wertete diese „Bamberg on tour“ als Beitrag, auch dieses unschöne Kapitel der Stadtgeschichte dem kollektiven Gedächtnis zu erhalten. Detailliert und kenntnisreich entführte Gehringer seine aufmerksamen Zuhörer in die Mitte der 40er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Dabei beließ er es nicht beim Lokalgeschehen. Er erklärte vielmehr, wie sich globale Entwicklungen mit den entsprechenden Militärstrategien auf Bamberg auswirkten.
Die Bamberger wähnten sich lange in Sicherheit, auch wenn in klaren Nächten der Feuerschein des brennenden Nürnbergs zu sehen war. Anfangs war die Bombardierung Bambergs ein Zufallsprodukt. Bomber wurden falsch navigiert oder suchten sich wegen schlechter Sichtverhältnisse andere Ziele. So auch im März 1944. Der für Nürnberg bestimmte Hagel aus Stabbrandbomben schlug in Bamberg ein. Verheerend der Abwurf einer 8000 britische Pfund schweren Bombe in der Breitenau. „Die Druckwelle war so stark, dass im weiten Umkreis kein Glasfenster mehr heil blieb und sich Türstöcke aus ihrer Verankerung lösten“, wusste Gehringer. Ein exaktes Bild vom Ausmaß der Zerstörungen liefern die Akten des Kriegsschädenamtes. Denn schon zu Kriegszeiten war das Amt die Adresse für alle Hausbesitzer, um Unterstützung für die Reparatur der Schäden zu erhalten.
Ums Archiv war es fast geschehen, als am 2. Januar 1945 das Haingebiet bombardiert wurde. Das heutige Staatsarchiv, in dem sich zu dieser Zeit auch das Stadtarchiv befand, entging nur knapp einem Treffer. Gehringer empfahl, die Beschaffenheit des Bodens im Hainviertel per Google Maps zu studieren. „Sie erkennen an einigen Stellen Verfärbungen, die daher rühren, dass Bombentrichter mit Mutterboden aufgefüllt wurden.“ Überhaupt hat der Krieg die Stadt geprägt. Ein kleines Detail ist der noch heute gut sichtbare weiße Pfeil am Gebäude links an der Auffahrt Zollner-Unterführung Richtung Bahnhof: Hier befand sich ein Luftschutzkeller. Gleich Dutzende Häuser waren ausgangs der Unteren Brücke Richtung Obstmarkt und Grünem Markt schwer beschädigt, was zur Neugestaltung des Viertels nach dem Krieg führte.
Durch die alliierte Operation namens „Clarion“, die die Verkehrsinfrastruktur in der Fläche treffen sollte, wurden Städte wie Bamberg erklärtes Ziel von Luftangriffen. Schicksalstag war der 22. Februar 1945: Es kam zu gleich drei Bombardierungen. 54 Menschen sind allein in den Stollen des Stephanbergs gestorben, als eine Bombe die Decke durchschlug und im Hohlraum explodierte. Eine Tafel in den Außenanlagen des E.T.A.-Hoffmann-Gymnasiums, Ausgangspunkt der „Bamberg on tour“, erinnert daran. In einem Schulprojekt will Christina Morcinek, Lehrerin am E.T.A.-Hoffmann-Gymnasium, aufarbeiten, wer die Menschen waren, die in den Stollen gestorben sind.
Für die Aufarbeitung der lokalen Ereignisse in den letzten Kriegsmonaten fehlt noch so manches Puzzlestück. So wusste Horst Gehringer von einem Film zu berichten, der, gedreht von US-Soldaten, das Vordringen eines Infanterieregiments über die Hallstadter Straße dokumentiert. Der Streifen endet allerdings abrupt an der Siechenstraße. Er habe bereits Kontakt zu US- amerikanischen Archiven, um die Fortsetzung zu erhalten – bisher aber leider ohne Ergebnis, erzählte Gehringer.
Die erschütternde Bilanz des Zweiten Weltkriegs für Bamberg: Zu beklagen waren 378 Tote. 15 Prozent der Wohnungen waren nicht mehr bewohnbar, 6800 Menschen waren obdachlos. Das Ende des Krieges war eine Zäsur, für die Menschen waren damit die Herausforderungen aber nicht zu Ende. So schwoll in Bamberg die Einwohnerschaft durch Flüchtlinge auf über 100.000 an. Deren Aufnahme war eine Herkulesaufgabe in Zeiten, in denen in allen Bereichen der Mangel vorherrschte.