„Bamberg ist wie Kloß mit Soß‘ beim Asiaimbiss“

„Bamberg ist wie Kloß mit Soß‘ beim Asiaimbiss“
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Florian Herrnleben rechnet beim Jahresrückblick mit Bamberger Miseren ab

Drei Abende „Overnörgelism“ im Ahörnla im Sand und alle drei Veranstaltungen ausverkauft! Bambergs Bürgerinnen und Bürger sind interessiert, den ganzen politischen Jahres-Schmodder witzig und dennoch kritisch verpackt noch einmal Revue passieren zu lassen. Florian Herrnlebens Jahresrückblick fällt gleichermaßen kurzweilig wie amüsant, kritisch wie bissig aus. Ganz ungezwungen plaudert der 37-Jährige mit seinem Publikum. Er reflektiert das politische Bamberg, resümiert über die Social Media-Welt und gibt dabei Denkanstöße mit auf den Nachhauseweg.

Overnörgelism - Der Bamberger Jahresrückblick von und mit Florian Herrnleben

Florian Herrnleben plaudert ganz locker über Missstände in der Domstadt.

„Ich mag Bamberg“, sagte der aus der Puppenbühne Herrnleben stammende Kabarettist am Ende seiner Vorstellung zu einem Gast. Und obwohl er gute zwei Stunden über die politischen Zustände in Bamberg genörgelt hatte, ist dem aufmerksamen Zuhörer die Liebe zu seiner Heimatstadt zwischen den Zeilen und Wörtern anzumerken.

Genau das ist der springende Punkt: Wer etwas liebt, möchte nur das Beste, sieht bestehende Missstände schärfer und darf somit auch kritisch bemängeln, wo es hapert. Das ist Florian Herrnleben in seinem Jahresrückblick gelungen.

Ganz locker, als säße er mit Freunden an einem Tisch zusammen, plaudert der Kabarettist mit seinem Publikum. Er erzählt, was er als gebuchter Kreuzfahrtschiff-Unterhalter erlebt hat, und gleitet so ganz ungezwungen und sehr authentisch in seine Comedy hinein. Da sind erst einmal die Sorgen und Anfeindungen, die er, Herrnleben selbst, als öffentlicher Kritiker der Stadt immer wieder erfährt. Witzig verpackt unterrichtet er das Publikum über Drohbriefe und Anfeindungen ihm gegenüber. Das Publikum bei „Overnörgelism“ aber belehrt ihn eines Besseren. Es sieht ihn nicht als unbequemen Unruhestifter, sondern liebt seine Spitzen und seine Sehschärfe.

Andi, Klausi, Christian & Co.

Vom Internet im Allgemeinen ist der Sprung zu Social Media nicht weit. Medienbegeistert und auf den unterschiedlichen Plattformen aktiv, macht sich Herrnleben dennoch über die Effekthascherei, die in manchen lokalen Gruppen, aber auch in der Bamberger politischen Szene herrschen, lustig. Insbesondere der „Event-Klausi aus der Königstraße“ hat es ihm angetan. Dieser sammelt, ebenso wie seine Politikerkollegen, „geklickte Freunde wie andere Pfandflaschen“. Und das ist nicht die einzige Kritik, die Herrnleben am Stadtmarketing-Chef auszusetzen hat. Aber auch „der Andi“, der beispielswiese Bäume fällen muss, um den Hauptsmoorwald zu erhalten, trägt zu Herrnlebens Verwunderung bei. Dann gibt es noch „unseren Christian“, der mitunter wie eine „Abrissbirne auf KO-Tropfen“ agiert, „den Jonas“, das Tischfeuerwerk der Grünen, oder „die Daniela“, „die Jeanne d’Arc von Gaustadt“. Sie alle kommen gerade jetzt, in den Zeiten vor der Bürgermeisterwahl, natürlich nicht ungeschoren davon.

„Irgendetwas ist immer“

Generell sind unter dem Motto „Irgendetwas ist immer“ Herrnlebens ganz unterschiedliche Missstands-Benennungen gut zu bündeln. Was die Yuppie-Rollatoren alias E-City Roller betrifft, so rechnet der Comedian eine Stundenmietsumme von zehn Euro aus. Sein Kommentar. „Für zehn Euro pro Stunde kannst‘ dich auch huckepack von nem Studenten durch Bamberg tragen lassen.“ Dirk und Jörg von „Welt-TV1“, früher Bamberg TV1, avancieren zu liebenswürdig-bedauernswerten Witzfiguren. Und natürlich erörtert Herrnleben die Friday for Future-Demos, den Bahnausbau, den Zustand der Schulen, die Debatte um die Moschee, das Bürgerrathaus oder die Touristenströme.

Satire und Wortwitz auf Augenhöhe

Overnörgelism - Der Bamberger Jahresrückblick von und mit Florian Herrnleben

Florian Herrnleben hinterfragt so manche Gegebenheit in Bamberg.

Bissige Satire, Wortwitz und Sprachgewandtheit sind Herrnlebens Stärke, ohne dabei die Augenhöhe zum Publikum zu verlieren. Er findet treffende, karikaturistisch vollendete Redewendungen, schlägt Bögen zu seiner Jugend, um schließlich auf den Wandel der Zeiten wie auf eine verkorkste Stadtpolitik aufmerksam zu machen. Schön auch die musikalische Untermalung im 6/8-Takt mit eigener Keyboardbegleitung.

Als Herrnleben das zwar bereits 2017 stattgefundene, aber bis dato noch nachklingende und denkwürdige Ereignis der Sandkerwa-Absage aufarbeitet, hat er ins Schwarze getroffen. Dann Pause. Hernach fällt zwar seine Reflexion über WhatsApp-Sprachnachrichten, die er hasst, etwas lang aus und hat auch keinen unmittelbaren Bezug zur hiesigen Politik. Doch spätestens, als der Komiker die Klimajugend ins Gespräch bringt, kommt wieder Bewegung ins Publikum.

Generell ist die zweite Halbzeit von noch mehr Schärfe, Vehemenz und Lebendigkeit geprägt. Und so findet der Abend auch ein fulminantes Ende mit Visionen, wie einer Seilbahn, die die Touristen vom Hafen aus direkt hoch zur Altenburg „fliegt“ oder der Ankündigung eines Zigarren- und Whiskey-Festivals auf dem Maxplatz. Das Publikum dankt Florian Herrnleben mit vielen Lachern, Zwischen- und einem großen Endapplaus und tritt beschwingt, aber auch nachdenklich den Heimweg an.

Fotos: Deas Roensch