E-Scooter: Test auf Bamberg-Tauglichkeit

E-Scooter: Test auf Bamberg-Tauglichkeit
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Wie schlägt sich der Elektro-Roller auf Bambergs Straßen?

Als erste deutsche Stadt hat Bamberg eine Ausnahmegenehmigung für den Einsatz von elektrischen Tretrollern im Straßenverkehr erhalten und seit rund drei Wochen flitzen deshalb 15 dieser Scooter im Testbetrieb durch den Stadtverkehr der Domstadt. Was es mit den Rollern auf sich hat und wie sich ein solcher auf Bambergs Straßen schlägt, haben wir getestet und die neuen Gefährte auf ihre Tauglichkeit geprüft.

E-Scooter im Bamberg-Test

Mit dem E-Scooter durch Bamberg: Die Domstadt hat für die elektronischen Tretroller vorab eine Sondergenehmigung erhalten und schickt 15 davon in eine Testphase, die noch bis Ende April läuft. Wir haben uns ein Testfahrzeug geschnappt und ihn auf Bamberg-Tauglichkeit geprüft.

Seit Mitte März hat der Bamberger Straßenverkehr zweirädrigen und 20km/h schnellen Zuwachs bekommen – der ein oder andere Verkehrsteilnehmer hat sie vielleicht schon vorbeiflitzen sehen: 15 E-Scooter sind aktuell auf den Straßen der Domstadt unterwegs und werden von Testfahrern fleißig auf ihre Tauglichkeit getestet. Bamberg hat als erste Stadt Deutschlands eine Ausnahmegenehmigung für die elektrisch betriebenen Tretroller erhalten und möchte in der aktuell laufenden Testphase herausfinden, ob und inwieweit ein kombiniertes Angebot aus ÖPNV und E-Rollern die Bürger dazu bewegen kann, auf Fahrten mit dem eigenen Auto zu verzichten. Die offizielle Zulassung von E-Scootern für den bundesweiten Straßenverkehr soll voraussichtlich im Sommer diesen Jahres erfolgen.

Neue Form der Mobilität

Wenn die noch den gesamten April über laufende Testphase erfolgreich verläuft, soll das Projekt in die Pilotphase übergehen, sobald die Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung die Tretroller offiziell erlaubt. Dann werden 100 Scooter der Fima Bird in den Stadtverkehr integriert werden und den Bürgern im gesamten Stadtgebiet verteilt zur Verfügung stehen. Voraussetzungen zur Nutzung sind neben der Volljährigkeit auch der Besitz eines Führerscheines der Klasse B. Ausleihbar werden die Roller über ein App-System der Firma Bird sein, dort werden die nächsten Fahrzeuge angezeigt und können auch darüber entsperrt werden. Nach Benutzung werden sie an einem sicheren Ort behinderungsfrei abgestellt, die Kosten von einem Euro Grundgebühr sowie 15 Cent pro Minute werden ebenfalls über die App abgerechnet. Bird hat im September 2017 den E-Scooter-Sharing Service als umweltfreundliche Transportalternative eingeführt – mittlerweile ergänzen sie in mehr als 100 Städten, darunter Paris, Wien, Zürich, Brüssel, Antwerpen, Madrid und London, den Stadtverkehr. Die E-Scooter sollen dazu beitragen, die Überlastung der Stadtzentren zu verringern, Parkplätze zu schaffen und den CO2-Ausstoß durch Umstieg vom Auto auf die Roller verringern.

Test auf Bamberg-Tauglichkeit

Jeder Interessierte konnte sich bei den Bamberger Stadtwerken als Testfahrer bewerben – natürlich haben auch wir uns die Möglichkeit nicht entgehen lassen, das Gefährt auf Herz und Nieren und vor allem auf Bamberg-Tauglichkeit zu prüfen. Immerhin stellt Bamberg mit jeder Menge Kopfsteinpflaster, engen Gassen oder Anstiegen wie hinauf zum Domberg doch einiges an Herausforderungen an das zweirädrige Fahrzeug.

Hält man den Roller dann das erste Mal in den Händen, werden schlagartig Kindheitserinnerungen wach – ein Stückchen schwerer als der frühere Kinder-Roller ist das Gefährt allerdings. Und schneller: Nach einem kurzen „Antreten“ und Betätigen des Gashebels ist der Roller ruckzuck bei der Höchstgeschwindigkeit von 20km/h und ich drehe erste Kurven, nach ein paar Schwüngen schließlich auch ohne mich kurz mit dem inneren Bein auf dem Pflaster abzustützen. Macht Spaß – hier alleine im Hof der Theatergassen, auf gepflastertem Weg und ohne andere Verkehrsteilnehmer allerdings auch keine wirkliche Herausforderung. Zeit für den Stadtverkehr.

Stadtverkehr und Blinker-Problematik

E-Scooter im Bamberg-Test

Die malerische Strecke entlang des Kanals ist – wenn nicht voller Touristen auf der Jagd nach den schönsten Fotos – wie gemacht für den schnellen Tretroller, ein bisschen Gas zu geben, macht hier besonders viel Spaß.

Aus den Theatergassen heraus, wartet direkt die erste Herausforderung: Bambergs bei Radfahrern wie Autofahrern gleichermaßen gefürchtete Lange Straße. Enge Wegführung, kein durchlaufender Radweg, Dauerbaustelle, Stop and Go sind auch mit dem E-Scooter kein Spaß – unsicher fühle ich mich auf dem Roller allerdings nicht. Die Füße sind im Fall des Falles immerhin schnell auf dem Boden, Bremsen und Gas geben funktioniert ohne großartiges Ruckeln und das Balance halten klappt mittlerweile auch ganz gut. Bei Bussen oder großen LKWs ist man dennoch gut beraten, auf einen ausreichenden Sicherheitsabstand zu achten und die Großfahrzeuge genau im Blick zu behalten, die Geschwindigkeit eines Tretroller-Fahrers ist leicht zu unterschätzen und übersehen werden kann man doch leicht auf dem schmalen Gefährt. Die Roller sind für Radwege zugelassen, wenn es keinen gibt, darf ich damit aber auch auf die Straße. Und hierbei fällt mir ein erstes Problem auf: Möchte ich abbiegen, hat mein Roller aktuell noch keine Blink-Möglichkeit und auch Schulterblick und Handzeichen-Geben, beides auf dem Fahrrad kein Problem, ist offenbar nur was für Profis – mir gelingt es nicht, ohne dass ich sofort die Balance verliere und der Gashebel muss schließlich auch noch betätigt werden. Schmale Randsteine meistert der Roller dagegen gut, bei großen Straßenüberquerungen drossele ich mein Tempo aber doch deutlich, hier ist man besser vorsichtig. Wenn man dann mal Gas geben kann und der Radweg vor einem frei ist, kommt man mit dem bis zu 20 km/h schnellen Roller ziemlich flott voran – und das ganz ohne Anstrengung, denn auch kleine Steigungen bei Unterführungen sind absolut kein Problem. Wie das später beim Domberg aussieht, wird sich zeigen, diese Herausforderung habe ich mir bis zum Schluss aufgehoben. Sollte man doch mal zu schnell unterwegs sein und in die Notwendigkeit kommen, schnell zu Bremsen, funktionieren die Handbremse und die Möglichkeit, auf das hintere Schutzblech über dem Reifen zu treten sehr gut, dennoch muss ein Bremsweg natürlich einkalkuliert werden und bei Höchstgeschwindigkeit abrupt an der Handbremse zu ziehen, ist definitiv keine gute Idee.

Kopfsteinpflaster und Domberg-Herausforderung

Raus aus dem hektischen Stadtverkehr nehme ich Kurs auf die Obere Brücke, Kopfsteinpflaster überall und ich beiße in weiser Voraussicht und nach langjähriger City-Roller-Erfahrung in meiner Kindheit schon einmal die Zähne zusammen. Gut so – Kopfsteinpflaster bleibt nämlich auch mit dem E-Scooter eine ziemlich holprige Erfahrung und ist alles in allem ziemlich unangenehm. Nach ein paar Metern mehr als wackliger Fahrt, langsam verloren gehender Balance und vielen belustigten Blicken von Rauchbier genießenden Menschen vor dem Schlenkerla in der Sandstraße – vermutlich aufgrund meines mehr als angestrengten Gesichts – komme ich zu dem Entschluss, dass ich die Altstadt wohl lieber schiebend durchquere. Sehr gespannt mache ich mich deswegen wieder auf angenehmer gepflasterten Pfaden auf den Weg zum Dom, mal sehen, wie der Roller den steilen Anstieg meistert. Die Anstrengung ist ihm fühlbar abzusehen und auch bei voll durchgedrücktem Gashebel wird der Scooter merklich langsamer, aber: Er schafft es, ohne schlapp zu machen. Es ist aber eine Gewichtsfrage, wir haben es ausgetestet, bei rund 85 kg gibt er bei steilen Anstiegen auf und ganz nach der Devise „Wer seinen Roller liebt, der schiebt“ muss dann für einen Ausblick über Bamberg doch selbst geschwitzt werden. Wenn man mit dem Scooter wieder hinunter- und dann den Kanal an Klein-Venedig entlangflitzt, geht es allerdings umso schneller – solche Strecken sind wie gemacht für den elektrischen Roller und machen jede Menge Spaß.

Fazit: Praktische Transportalternative

Nach zwei Stunden E-Scooter-Fahrt in Bamberg stelle ich fest: Roller fahren macht nach wie vor Spaß und praktisch ist die elektrische Fortbewegung noch dazu. Mit einfacher Handhabung und bis zu 20 km/h kommt man schnell und unproblematisch von A nach B, gerade für Pendler, die von Park + Ride-Parkplätzen oder dem Bahnhof in die Innenstadt müssen, stelle ich mir die Scooter als sehr praktische und unkomplizierte Alternative vor. Außerdem sind sie handlich: Bei Zwischenstopps kann der Roller auch einfach mit in Laden, Büro oder Praxis genommen werden und dass die Parkplatzsuche wegfällt, ist wie bei den meisten Innenstädten auch in Bamberg definitiv ein überzeugendes Argument. Einzig die Bamberger Altstadt mit ihrem Kopfsteinpflaster erläuft man sich besser und auch für die Blinker-Problematik sollte noch eine Lösung gefunden werden. Empfehlenswert ist es auch, vor der ersten Fahrt ein paar Übungsversuche zu machen, nach ein paar Runden hat man den Dreh aber heraus und steht sicher auf dem elektrischen Gefährt. Bei Problemen ist der Bird-Kundenservice im Übrigen sehr schnell zu erreichen – ich hatte vor Fahrtbeginn ein kleines Problem mit gesperrtem Roller, auf meine Mailanfrage hin funktionierte eine halbe Stunde später alles wieder einwandfrei.

Fotos: GuideMedia