Lesung mit Manfred Lütz: „Solange wir leben, müssen wir uns entscheiden“

Lesung mit Manfred Lütz: „Solange wir leben, müssen wir uns entscheiden“
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Eine eindrucksvolle Zusammenarbeit mit dem Auschwitz-Überlebenden Jehuda Bacon

Das Bamberger Buch- und Medienhaus Hübscher hatte am 18.10.2016 zum zweiten Mal in diesem Jahr Dr. Manfred Lütz zu Gast, unter anderem Autor mehrerer Bestseller. Das Buch „Solange wir leben, müssen wir uns entscheiden“ entstand in einer Zusammenarbeit mit dem Auschwitz-Überlebenden Jehuda Bacon und ist ein beeindruckendes Beispiel für einen etwas anderen Zugang zu diesem sensiblen Thema.

Bücher über Auschwitz gibt es viele. Bücher, die die schrecklichen Vorkommnisse in den Konzentrationslagern während der Zeit der Nationalsozialisten darlegen und schonungslos offenbaren, welche Brutalität und Unmenschlichkeit hier an der Tagesordnung waren. Der Künstler Jehuda Bacon, dessen Zeichnungen im Frankfurter Auschwitzprozess als Beweismittel fungierten, ist einer derjenigen, der dies am eigenen Leib erfahren hat: Als 14-jähriger war er über ein Jahr lang KZ-Insasse – und hat überlebt. Vor allem aber ist er daran nicht zerbrochen. Der heute 87-jährige ist ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie man auch aus solchen Erfahrungen Positives gewinnen kann und es trotz allem schafft, den Glauben an die Menschheit nicht zu verlieren.

Dr. Manfred Lütz, Psychiater, Psychotherapeut, Theologe, Chefarzt am Alexianer-Krankenhaus in Köln und außerdem Autor mehrerer Bestseller – mit „Wie Sie unvermeidlich glücklich werden“ war er bereits im Februar zu Gast in der Bamberger Buchhandlung – war nach einem Fernsehinterview von Jehuda Bacon so beeindruckt von dessen Persönlichkeit, dass er gemeinsam mit ihm ein Buch schrieb: „Solange wir leben, müssen, wir uns entscheiden. Leben nach Auschwitz“ war das Thema der Lesung am 18.10.2016 und ist im Grunde eine Abschrift des Dialogs, den Lütz und Bacon in Jerusalem führten. Insgesamt 15 Stunden Gespräch bilden heute den Inhalt des Buches, in dem Bacon über seine Erlebnisse im Auschwitzer KZ berichtet, darüber, wie er es schaffte, nicht zu verbittern, wie man auch im Leid Sinn finden kann und über seine Nähe und den Weg zu Gott.

Kein Buch über Auschwitz

„Es ist kein Buch über Auschwitz“, wie Manfred Lütz betont, „auch wenn Jehudas Erfahrungen dort eindringlich beschrieben sind. Es ist ein Buch über die zutiefst humanen Konsequenzen, die er daraus zog, ein Buch, das Hoffnung macht.“

Lütz, der die Lesung hält, beschreibt Bacon als den eindrucksvollsten Menschen mit dem er je zusammengearbeitet hat und aus dessen Gesprächen er selbst viel lernen konnte.

Besonders berührend sind die Kapitel, in denen Bacon von den „wunderbaren Menschen, die ihm den Glauben an die Menschheit zurückgaben“, erzählt und sie als Grund angibt, nicht verbittert zu sein.

Jehuda Bacon hat vor allem ein Leitsatz begleitet, den auch Manfred Lütz während der Lesung immer wieder wiederholt: „In jedem Menschen steckt ein göttlicher Funke, ein Funke Menschlichkeit, auch in einem Verbrecher.“ Bei der Frage nach dem Sinn des Lebens, ist sich Jehuda Bacon sicher, dass es ihn gibt, er bei dem Versuch, ihn zu fangen, allerdings verschwindet. Sein Rat: „Lebe dafür, solange du kannst, bei den anderen noch ein Lächeln zustande zu bringen.“ Ein beeindruckender Mann, der Schreckliches erlebt, Menschen unglaubliche, skrupellose Dinge hat tun sehen und trotzdem voller Gutmütigkeit und mit dem sicheren Wissen, dass in jedem Menschen auch etwas Gutes zu finden ist, im Leben steht. „Existenz“, so wird der Künstler in dem Buch zitiert, „hat nur das Gute“.

Text: Katja Kiesel